Die Bedeutung einer gesunden Ernährung für Kinder
Die heutige Lebensmittelwelt ist voller verlockender Optionen, die speziell auf Kinder abzielen. Doch während bunte Verpackungen und süße Aromen Kinder begeistern, ist es von größter Wichtigkeit, dass wir als Eltern die Ernährung unserer Kinder achtsam lenken. Eine ausgewogene und gesunde Ernährung in der Kindheit kann nicht nur sofortige Vorteile für Energie und Wachstum bieten, sondern legt auch den Grundstein für langfristige Gesundheit und Prävention von Krankheiten.
Die Grundlagen einer gesunden Kinderernährung
Für mich ist die Grundlage einer gesunden Kinderernährung die Entwicklung einer positiven Einstellung zum Essen. Anstatt eine umfassende Liste von dem, was Kinder essen oder nicht essen sollten, zu präsentieren, ist es meiner Meinung nach entscheidend, den Druck zu mindern. Insbesondere Eltern, die zum ersten Mal Erfahrungen mit der Kindererziehung machen, verspüren oft den starken Wunsch, alles perfekt machen zu wollen, was mitunter zu Stress und Druck führen kann. Daher möchte ich betonen: Entspannen Sie sich! Wenn ein Kind bei einer Mahlzeit nicht allzu viel isst, bedeutet das nicht automatisch, dass es mangelernährt ist.
Die Einführung von Beikost
Schon im Babyalter werden die Grundlagen für die zukünftigen Essgewohnheiten eines Kindes gelegt. Die Einführung von Beikost ist ein entscheidender Schritt in der Entwicklung eines Babys und die Lebensmittel, die in dieser Phase eingeführt werden, können die Vorlieben und Abneigungen des Kindes für verschiedene Geschmacksrichtungen und Texturen prägen. Dies kann langfristig dazu beitragen, dass das Kind später eine breite Palette von Lebensmitteln akzeptiert oder kritischer bei der Auswahl ist. Zusätzlich kann eine frühe Exposition zu verschiedenen Lebensmitteln dem Körper helfen, Toleranzen aufzubauen und Lebensmittelallergien zu vermeiden1. Die Einführung von Beikost sollte in einer entspannten und spielerischen Atmosphäre stattfinden und keinesfalls unter Zwang. Es ist ebenso wenig ratsam, eine überwältigende Auswahl an Lebensmitteln zu einer Mahlzeit anzubieten.
Fall 1 – Zwang
Meine Freundin aus Kindertagen, Paula, und ich sehen uns leider nur selten, da wir nicht mehr in der gleichen Gegend wohnen. Trotzdem halten wir unsere Freundschaft aufrecht, indem wir gelegentlich miteinander telefonieren. Eines Tages rief sie mich voller Verzweiflung an. In unserem Gespräch erzählte sie mir, dass ihre 2-jährige Tochter keine Mahlzeiten mehr zu sich nehmen wollte. Die Kleine weigerte sich standhaft, auf ihrem Stuhl Platz zu nehmen, um zu essen. Wenn Paula versuchte, sie gegen ihren Willen auf den Stuhl zu setzen, brach lautes Geschrei aus, begleitet von heruntergeworfenem Essen auf dem Boden. Das Einzige, worauf die Kleine bestand, waren Nudeln. Für Paula war es von großer Bedeutung, dass ihre Tochter sich gesund entwickelt, und sie war zutiefst besorgt, dass ihre Kleine bereits unter Mangelernährung leiden könnte. Ihre Frustration war spürbar, und als sie mir davon erzählte, konnte ich sogar einige Tränen in ihrer Stimme hören. „Was soll ich nur tun? Es kann doch nicht sein, dass sie überhaupt nichts essen möchte!“
Dieses Beispiel mag zwar etwas extrem erscheinen, verdeutlicht aber, wie sich bereits bei einem Kind im Laufe der Zeit eine negative Einstellung zu Mahlzeiten entwickeln kann. Und das geschieht nicht von heute auf morgen. Schon bei der Einführung von Beikost hat Paula übermäßig viel Druck ausgeübt, was dazu führte, dass ihr Kind das gemeinsame Essen nicht mehr genießen konnte. Paula steckte der Kleinen das Essen widerwillig in den Mund, aus der Sorge heraus, dass ihr Kind nicht alle notwendigen Nährstoffe bekommen wurde.
Zwingen Sie Ihr Kind nicht dazu, Lebensmittel zu essen, die es ablehnt. Das kann negative Assoziationen mit diesen Lebensmitteln hervorrufen. Stattdessen bieten Sie die abgelehnten Lebensmittel immer wieder an. Wir als Erwachsene wissen schon, was wir mögen, aber Kinder brauchen Zeit, um ein Lebensmittel zu erkunden und Vorlieben zu entwickeln. Deshalb braucht es viele Begegnungen mit demselben Lebensmittel, um die Textur, den Duft oder den Geschmack wahrzunehmen. Ein großer Fehler in diese Phase ist die Kategorisierung eines Lebensmittels als Teil einer Liste von Lebensmitteln, die „nicht gemocht“ werden. Denn ein Lebensmittel, das einmal abgelehnt wurde, kann bei einer anderen Gelegenheit durchaus Anklang finden.
Die Reaktionen meiner Kinder auf Beikost waren sehr unterschiedlich. Ein Kind begann bereits im sechsten Monat, nach nur 2-3 Tagen der Einführung, alles zu essen, was ich für es zubereitete – ob Cremesuppen oder Obstpürees. Das Essen schien ihm von Anfang an zu gefallen. Hingegen begann ein anderes Kind erst nach seinem zweiten Geburtstag damit, richtig zu essen. Bis zum 2. Lebensjahr bestand es darauf, fast ausschließlich gestillt zu werden. Ich muss zugeben, dass, obwohl ich mich bemühte, entspannt zu bleiben, auch bei mir gewisse Sorgen aufkamen. Ich wusste, dass die Muttermilch allein nicht mehr ausreichte, um ausreichend Nährstoffe wie Eisen bereitzustellen. Dennoch stellte sich als Schlüssel zum Erfolg Geduld heraus!
Eltern sollten sich bewusst sein, dass es völlig normal ist, wenn Kinder nicht bei jeder Mahlzeit alles aufessen. Es ist wichtig, Kinder als individuelle Esser anzuerkennen, deren Appetit von Tag zu Tag variieren kann. Ein Kind, das bei einer Mahlzeit weniger isst, wird das bei der nächsten Mahlzeit womöglich ausgleichen. Ein entspanntes Umfeld am Esstisch, ohne Druck oder Belohnungssysteme, fördert eine positive Beziehung zu Lebensmitteln. Auch als Erwachsene verspüren wir nicht stets die Lust, das Gleiche zu essen, und unsere Essensmengen variieren ebenfalls. Ich kann aus eigener Erfahrung sprechen. Es gibt Tage, an denen ich gerne Müsli zum Frühstück esse, doch es kommen auch Tage vor, an denen mir nach Brot zumute ist. Gelegentlich kommt es vor, dass ich am Vorabend zu reichlich gegessen habe, was dann dazu führt, dass meine Frühstücksmenge an diesem Tag eher geringer ausfällt.
Fall 2 – Überförderung
Wir haben als Familie meine Freundin Angelika über das Wochenende besucht. Sie hat auch einen 2-jährigen Sohn und ist überzeugt, dass sie ihn ohne Gewalt erziehen und seine Wünsche immer berücksichtigen möchte. In diesem Sinne hat sie seit dem 6. Monat die Methode des „Baby-led Weaning“ (eine von Babys geführte Entwöhnung von der Muttermilch) angewendet. Anfangs hat es gut geklappt, aber jetzt, da ihr Sohn im Kleinkindalter ist, merkt sie, dass er sehr wählerisch geworden ist und viel weniger isst als früher. Beim ersten gemeinsamen Frühstück beobachte ich, wie ihr Kind mit einer großen Auswahlmöglichkeit überfordert wird.
Angelika bot ihrem Sohn eine breite Auswahl an Lebensmitteln. Letztendlich entscheidet er sich für ein Marmeladenbrot und einen Apfel. Das Kind beißt zweimal in das Brot und sagt dann, dass es doch kein Brot möchte, sondern lieber Müsli. Das Müsli wird angeboten, entweder mit Milch oder Joghurt. Nachdem es das Müsli probiert, stellt es fest, dass es doch lieber Joghurt statt Milch im Müsli hätte. Die Mutter bringt eine zweite Schüssel mit Müsli und Joghurt und betont, dass es essen muss. Leider isst das Kind auch dann nur sehr wenig. Am Ende des gemeinsamen Frühstücks stehen vier verschiedene Teller mit Lebensmitteln und das Kind hat nur sehr wenig gegessen. Nach einer Stunde bietet Angelika dem Kind erneut verschiedene Lebensmittel an, weil es aus ihrer Sicht „nicht richtig gefrühstückt“ hat. Ähnliche Szenarien wiederholen sich beim Mittagessen, wo extra für den Sohn gekocht wird, und sein Mittagessen wird am Nachmittag erneut mit anderen Lebensmitteln angeboten.
Meiner Meinung nach führt die übermäßige Auswahl und die Häufigkeit der angebotenen Lebensmittel dazu, dass der Junge überfordert ist und keine Gelegenheit hat, echten Hunger zu verspüren. Auch wenn die Wünsche des Kindes wichtig sind, müssen dennoch Grenzen gesetzt und die Auswahlmöglichkeiten begrenzt werden. Ein 2-jähriges Kind würde ich nur wenige Auswahlmöglichkeiten geben und nicht 4 oder 5.
Vorbildfunktion
Oft bemerke ich, dass wir als Eltern von unseren Kindern Dinge erwarten, die wir ihnen selbst nicht vorleben. Kinder lernen eher durch Beobachten dessen, was sie an uns sehen, als durch das, was wir ihnen sagen. Gemeinsame Mahlzeiten sind äußerst wichtig, da sie eine Vorbildwirkung haben und zu einer gesünderen Ernährung sowie einem niedrigeren Body-Mass-Index (BMI) führen können2. Ich empfehle, während der Mahlzeiten auf jeglichen Medienkonsum zu verzichten. Weder Erwachsene sollten ihre Handys nutzen, noch sollten Kinder Serien oder Programme anschauen, die sie während des Essens ablenken. Diese Maßnahmen tragen langfristig dazu bei, Übergewicht vorzubeugen.
Zusammenfassend ist es von entscheidender Bedeutung, dass Eltern bewusst die Ernährung ihrer Kinder lenken, indem sie eine positive Einstellung zum Essen fördern und ihre Eigenverantwortung stärken. Schon in jungen Jahren können die Kinder am Einkaufen teilnehmen, mitkochen und kreative Teller gestalten. Ich kenne bislang kein Kind, das das gemeinsame Kochen nicht genießt. Dieser ganzheitliche Ansatz unterstützt die langfristige Gesundheit und das Wohlbefinden der Kinder.
Quellenverzeichnis
1. Bird JA, Parrish C, Patel K, Shih JA, Vickery BP. Prevention of food allergy: Beyond peanut. J Allergy Clin Immunol. 2019 Feb;143(2):545-547. doi: 10.1016/j.jaci.2018.12.993. Epub 2019 Jan 4. PMID: 30611674.
2. Dallacker M, Hertwig R, Mata J (2018). The frequency of family meals and nutritional health in children: A meta-analysis. Obesity Reviews. Doi:10.1111/obr.12659