Gewohnheiten – die Macht der kleinen Handlungen
Wie unsichtbare Fäden führen sie uns durch unseren Alltag. Sie formen unsere Handlungen, bestimmen unsere Routinen und prägen unsere Persönlichkeit. Von der Morgenroutine bis zum Abendritual – Gewohnheiten durchdringen jeden Aspekt unseres Lebens.
Nach dem Aufstehen eine Andacht machen, vor dem Essen beten, nach dem Essen die Zähne putzen, nach dem Toilettengang die Hände waschen, beim Warten auf den Bus durch Instagram scrollen, die Pause mit einem heißen Kakao versüßen, vor dem Überqueren der Straße nach rechts und links schauen, auf dem Sofa die restliche Weihnachtsschokolade naschen …
Was sind Gewohnheiten?
Gewohnheiten sind Verhaltensmuster, die wir regelmäßig und oft unbewusst ausführen. Es sind Automatismen, die uns ein Gefühl von Sicherheit und Stabilität vermitteln. Sie beeinflussen unser Denken, Fühlen und Handeln. Da wir über sie nicht mehr nachdenken müssen, entlasten sie das Gehirn, erleichtern alltägliche Abläufe und sparen so Energie und Zeit. Aber nicht alle Gewohnheiten sind gleich. Manche bringen uns voran und helfen uns, unser Ziel zu erreichen, andere hindern uns daran, unser volles Potenzial zu entfalten und bremsen uns aus.
Wie entstehen Gewohnheiten?
Manche Gewohnheiten sind uns durch unsere Erziehung von klein auf „in Fleisch und Blut übergegangen“, andere haben wir uns im Laufe der Zeit durch Wiederholung antrainiert. Charles Duhigg beschreibt in seinem Buch The Power of Habits das Konzept der Gewohnheitsschleife. Diese besteht aus drei Phasen: dem Auslöser, der Routine und der Belohnung. Sie veranschaulicht, wie unser Gehirn ein bestimmtes Verhalten auf „Autopilot“ stellt und zur Gewohnheit werden lässt. Der Trigger, der die Gewohnheit auslöst, kann eine bestimmte Zeit, ein bestimmtes Gefühl oder ein bestimmter Ort sein. Die Routine ist die automatisierte Handlung, die dem Trigger folgt, und am Ende schüttet unser Gehirn Glückshormone aus, weil unser Bedürfnis durch die Gewohnheit befriedigt wurde.
Wie verändere ich Gewohnheiten?
Einen solchen Automatismus zu verändern, erfordert Selbstdisziplin, Willenskraft und Geduld. Wie lange es dauert, bis sich eine neue Gewohnheit etabliert hat, lässt sich nicht vorhersagen. Eine Strategie wie die folgende kann in diesem Prozess sehr hilfreich sein:
1. Was möchte ich verändern und warum?
Wenn wir uns über eine negative Gewohnheit ärgern, bedeutet das meistens, dass sie uns von einem unserer – bewussten oder unbewussten – Ziele abhält. Was will ich konkret ändern und warum? Was ist unser langfristiges Ziel? Welche Gewohnheit hindert uns konkret daran, unser Ziel zu erreichen, und welche Gewohnheit bringt uns unserem Ziel näher? Diesen Fragen auf den Grund zu gehen und die Antworten vielleicht sogar schriftlich festzuhalten, hilft, den Fokus zu behalten und motiviert zu bleiben. Dann können wir uns eine Gewohnheit vornehmen, die wir angehen wollen. Kleine, machbare Schritte nacheinander sind oft einfacher und nachhaltiger, als von heute auf morgen alles umkrempeln zu wollen.
Für die Praxis: Peter hat die Angewohnheit, abends vor dem Schlafengehen im Bett noch auf dem Smartphone durch die sozialen Medien zu scrollen und sich ein wenig vom Leben der anderen berieseln zu lassen. Nur schnell nachschauen, was es Neues gibt und – schwupps – hat er eine damit verbracht, obwohl er sich vorgenommen hatte, mehr zu schlafen. Peter will diese Gewohnheit ändern und klebt sich eine Erinnerung an den Badezimmerspiegel, die ihn beim Zähneputzen darauf aufmerksam macht.
2. Was ist der Auslöser?
Der Auslöser ist der Beginn der Gewohnheitsschleife, an der wir arbeiten wollen. Zu erkennen warum wir wie handeln ist der Ausgangspunkt für die Veränderung. Welcher Triggerpunkt löst bei uns diese schlechte Gewohnheit aus, die es zu verändern gilt? Wenn wir uns den Auslöser bewusst machen, können wir entweder versuchen ihn in Zukunft zu vermeiden oder wir müssen uns entscheiden, lasse ich den antrainierten Automatismus weiterhin zu oder schlage ich einen anderen Weg ein.
Peters Auslöser ist das Stellen des Weckers in seinem Handy. Er könnte dem Auslöser aus dem Weg gehen, indem er sich einen Wecker kauft und das Handy in der Küche liegen lässt oder…
3. Welche Alternative gibt es?
Manchmal ist es schwierig oder sogar unmöglich, sich von einer schlechten Gewohnheitsschleife zu lösen. In diesem Fall kann es hilfreich sein, unserem Gehirn eine alternative Routine zu geben, die sich positiv auf unser Ziel auswirkt. Der Auslöser und auch die Belohnung bleiben gleich. Es kann eine kurzfristige Belohnung in Form eines positiven Gefühls sein oder eine langfristige Belohnung, weil wir unser Ziel erreicht haben.
Peters neue Routine könnte darin bestehen, statt Instagram zu checken, die Bibel-App zu öffnen und mit seiner Frau eine kurze Andacht zu lesen. Damit hat er sowohl sein soziales Bedürfnis als auch sein Bedürfnis nach Handyzeit befriedigt und damit seine Belohnung erhalten. Außerdem kann er sein Ziel „mehr Schlaf“ erreichen.
4. Wer kann mich unterstützen?
Sobald wir mit anderen Menschen in unserem Umfeld über unsere Vorsätze sprechen, fühlen wir uns eher verpflichtet, diese auch in die Tat umzusetzen. Außerdem erhalten wir positive Rückmeldungen und werden bestärkt, wenn wir unseren Freunden von unseren Fortschritten berichten. Wenn es mal nicht so gut läuft, kann uns der Austausch mit anderen helfen, wieder auf den richtigen Weg zu finden. Vielleicht hat dein Freund/deine Freundin sogar die gleiche Angewohnheit und ihr könnt gemeinsam dagegen angehen und euch motivieren.
Peters Frau unterstützt sein Ziel und erinnert ihn bei Gelegenheit an sein Vorhaben. Sie verfolgen nicht das gleiche Ziel, aber sie motivieren sich gegenseitig.
5. Wie gehe ich mit Rückschlägen um?
Rückschläge sind normal und gehören dazu. Negative Gedanken über uns selbst machen Fortschritte und Motivation zunichte und bringen uns nicht weiter. Deshalb: Sei nett zu dir selbst und versuche es am nächsten Tag besser zu machen. Tatsächlich kann man „Fehler“ oder „Ausrutscher“ auch als einen produktiven Schritt sehen. Wir lernen noch mehr über unsere Gewohnheit und können uns beim nächsten Mal besser vorbereiten.
Es geht nicht um Selbstoptimierung
Das Bewusstsein, wie Gewohnheiten entstehen und wie wir sie verändern können, wird unser Leben positiv gestalten und uns auf dem Weg zu unseren Zielen unterstützen. Dabei geht es nicht darum, vor anderen perfekt zu erscheinen und sich selbst – dem aktuellen Trend folgend – immer mehr zu optimieren. Vielmehr wollen wir persönlich wachsen und lernen, mit Gottes Hilfe und Kraft unser volles Potenzial auszuschöpfen.
Kleine Veränderungen haben große Auswirkungen auf unser Leben – warum also nicht heute damit anfangen?
Quellenverzeichnis
Bild: Von Ivabalk über Pixabay