Geocaching – Munterwegs mit Kindern

Begeisterung

Viele Eltern beklagen sich, dass es ihnen ab einem gewissen Alter nicht mehr gelingt, ihre Kinder zur Teilnahme an Spaziergängen zu bewegen. Die heute weit verbreiteten Spiele auf Computern und Handys haben viel dazu beigetragen, dass Aktivitäten im Freien nicht mehr attraktiv sind. Es gibt jedoch eine Möglichkeit, beides zu kombinieren. Dies ist uns sogar mit unserem Sohn gelungen, der, bedingt durch sein Down-Syndrom, eigentlich kaum etwas mit den modernen Medien anfangen kann. Wir haben das sogenannte »Geocaching« entdeckt und können ihn damit stets neu begeistern, »Schätze« im Freien zu suchen. Ohne diesen Ansporn würde er oft passiv zu Hause bleiben und auch wesentlich weniger weit mit uns laufen.

Wie funktioniert das?

Das weltweite Spiel wurde durch die Nutzung von GPS-Daten möglich. GPS steht für »Global Positioning System«. Mit diesem System kann die jeweilige Position eines Ortes bis auf wenige Meter genau bestimmt werden. Am häufigsten wird es in Autos zur Navigation genutzt. Wie das technisch funktioniert, will ich hier nicht erläutern. Einfach gesagt kann man irgendwo auf dieser Welt (z. B. bei einem Baum oder unter einem Stein) etwas verstecken und diesen Ort anschließend durch zwei Zahlenangaben genau definieren. Werden diese Angaben im Internet veröffentlicht, kann jedermann das Versteck mit Hilfe eines GPS-Gerätes finden (jedes moderne Handy kann dazu genutzt werden). Auf dieser Grundlage wurden zusammen mit der Organisation »Groundspeak Inc.« (www.geocaching.com) in den letzten 15 Jahren weltweit mehr als 2,7 Millionen Verstecke eingerichtet. Ca. 6 Millionen Personen sind als Geocacherinnen oder Geocacher auf der Suche nach diesen Verstecken. Erstaunlich ist dabei der enorme und zum Teil sehr liebevolle Einsatz beim Einrichten und Pflegen der Verstecke, der unentgeltlich geleistet wird.

Emanuel liebt große Dosen

Die Größe der versteckten Behälter ist sehr unterschiedlich. Unser Sohn liebt besonders die großen »Dosen«, die nicht nur ein Logbuch, sondern auch ganz unterschiedliche Gegenstände enthalten. Er liebt den Austausch von Gegenständen. Eine Regel besagt, dass man aus einer Dose etwas mitnehmen darf, wenn man gleichzeitig etwas Gleichwertiges hineinlegt. So hat Emanuel bei unseren Spaziergängen immer eine Tasche mit Tauschgegenständen dabei. Da überlegt er manchmal lange, welchen »Handel« er denn nun vollziehen soll. Ist dies entschieden, legt er auch großen Wert darauf, seinen Namen in das Logbuch einzutragen, als Beweis dafür, dass er das Versteck gefunden hat.

Themenwege und spezielle Orte

Was mich bei diesem Spiel immer wieder überrascht, sind die Ortskenntnisse der Personen, die solche Verstecke einrichten. Sie führen den Suchenden zu besonderen Sehenswürdigkeiten und Aussichtspunkten. Jemand hat sich auf alte Backhäuser spezialisiert, ein anderer auf alte Kilometersteine (Stundensteine), ein anderer auf historische Orte oder auch auf Pflanzen- oder Tierkunde. Wenn man sich so führen lässt, lernt man selbst den eigenen Wohnort von einer neuen Seite kennen und bleibt dabei in Bewegung. Viele Verstecke können nämlich nicht einfach mit dem Auto erreicht werden. Es gibt sogar anspruchsvolle Bergtouren, die wir für unseren Sohn allerdings nicht auswählen. Wir führen ihn stets nahe an ein Versteck heran, überlassen ihm dann aber die Freude des Findens, denn das ist die Motivation zum Weitermachen.

Leben & Gesundheit Ausgabe 2/2016
Wie man Kinder motivieren kann, auch längere Spaziergänge mit Freude mitzumachen.
Ein Tipp von Gunther Klenk

Emanuel findet das Versteck; die Dose befindet sich bei einer Baumwurzel hinter einer künstlichen Anhäufung von Steinen.